[lahmacun]

İstanbul'un yabancısı

Cumartesi, Temmuz 29, 2006

Red Bull Air Race



Heute hat das Red Bull Air Race in Istanbul Station gemacht. Dabei müssen Kunstflieger in möglichst kurzer Zeit eine Slalomstrecke entlangfliegen und zwischendurch vorgeschriebene Figuren (Loopings etc.) absolvieren. Im Falle Istanbuls waren die aufgeblasenen Säulenpaare im Goldenen Horn 'aufgesteckt', was eine ganz nette Kulisse gegeben hat.
Vielleicht kein Sport, den man unbedingt hätte erfinden müssen, wenn es ihn nicht gäbe, aber für den Zuschauer immer noch attraktiver als Formel 1, findet Faustin.
Die Bilder sind von unserer Dachterrasse (leider gegen die Sonne und mit wackliger Hand) geschossen.

Cumartesi, Temmuz 22, 2006

++ auf dringenden Leserwunsch: eine Prise superchauvinistisches Türkeibashing ++

Nachdem uns ein geschätzter Leser dieser Zeilen schon vor längerem (nicht ganz zu Unrecht) einer allzu blauäugigen Türkeibegeisterung geziehen hat, hier ein paar Dinge, die ich hier nicht so toll, um nicht zu sagen: scheiße finde (Ich lasse mal weg, was der Deutsche überall im Ausland – ausgenommen vielleicht Österreich, Schweiz, Skandinavien, Benelux – zu beklagen hat: Dass man nicht aus dem Wasserhahn trinken kann; dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht als irgend etwas von dem, was da nun einmal hineingehört, durch die Toilettenrohre; dass man als Vegetarier seine elende Existenz auch gleich zum hehren Hungerstreik stilisieren kann – essen kann man sowieso nichts [naja, hier ist es nicht ganz so schlimm]; dass Abfälle erst fein säuberlich zusammen- und dann auf die Straße geschmissen werden; dass es kein dieses Namens würdiges Brot gibt und mit dem weißen Ersatzschaumstoff entsprechend abfällig umgegangen wird)

[Verkehr]
Es gilt das Recht des Stärkeren/Frecheren. Wer schon des roten Signals (und nicht erst der von rechts heranstürmenden Blechkolonnen) wegen an der Ampel hält ist riskiert, dass ihm der Hintermann drauffährt; wer im Auto einen Gurt sucht, gibt Anlass zum Amusement. Radfahren tun Kinder (wenn überhaupt) auf Hausdächern. Alles andere wäre lebensmüde.

[laufende Nasen]
Es gilt als äußerst unfein, sich in der Öffentlichkeit zu schneuzen. Nicht unfein ist es dagegen (das eine erzwingt logisch das andere, da ja auch Türken Nasenschleimhäute haben), bei laufender Nase die in Frage stehende Substanz mit eindrucksvoller akustischer Wirkung hochzuhiehen.

[Rauchen]
Alle. Rauchen. Alle.

[Schwimmen]
Wenn man drei Tempi absolvieren kann ohne abzusaufen (was ich Bleiente also gerade noch hinbekomme), gilt man schon als Schwimmprofi. Die Tatsache, dass im Sommer jedes Wochenende 50 Personen an den Stränden ertrinken, hat in einem Land, das zu drei Vierteln von Meer umgeben ist, nämlich noch niemanden auf die Idee gebracht, in den Schulen Schwimmunterricht einzuführen.

[Öffentlicher Nahverkehr]
Es ist mir quasi unmöglich herauszufinden, welcher Bus oder Dolmuş (wahlweise als Riesentaxi oder Minibus zu bezeichnen) wo abfährt: An den Haltestellen gibt es keine Pläne, und auch im Fahrzeug fehlt jeder Hinweis auf die Route. Offenbar handelt es sich um eine Art Geheimwissen, das vom Vater an den Sohn weitergegeben wird.

[Der Pünktliche ist der Dumme]
Es muss ja nicht gleich so pedantisch sein wie bei uns Teutonen. Aber es wäre doch ganz nett, wenn man ungefähr wüsste, wann eine Versammlung wirklich beginnt oder wann der Bus kommt.

[Regeln]
Eine nette Einrichtung. Nicht mehr und nicht weniger.

[Nationalstolz]
Patriot ist, in verschiedenen Abstufungen, eigentlich jeder von links bis rechts. Mangels aktuell vorweisbarer Erfolge (man verzeihe mir diese Arroganz) führt das bei manchen zu einer erschütternden Vergangenheitsorientierung: Junge Burschen können einem 500jahre alte Kriege nacherzählen, als wären sie selbst dabei gewesen, und Attila wird dann zum ersten Türken, der Europa das Fürchten lehrte.
Was übernimmt wohl bei uns die Funktion dieses so leicht verletzbaren Stolzes? Ein Siemens-/Mercedes-Benz-Patriotismus, also der Stolz auf (auch nicht mehr ganz aktuelle) ökonomische Leistungen?

[Militär]
Das Militär ist unantastbar, die schönsten Plätze der Stadt sind zuverlässig Militär-Krankenhäuser/-Studentenheime/-Akademien. Ich muss aber zugeben, dass mit jedem Mal, dass ich auf die Landkarte schaue, mein Verständnis für die große Bindung der Türken an ihre Armee zunimmt: Bei diesen Nachbarn kann man sich Radikalpazifismus kaum leisten. Auch jenseits seiner unmittelbaren Verteidigungsfunktion schätzt man es als Bollwerk gegen Islamierungsbestrebungen. Wie gefährlich da die gegenwärtige Regierung (die bei uns nach dem ersten Schock über das Wahlergebnis ja sehr schnell für unbedenklich erklärt wurde) ist, ist mir noch nicht klar.

[Minderheiten]
Ich neige dazu zu schreiben, dass die Rechte ethnischer/religiöser Minderheiten (z.B. auch der Aleviten) weiterhin verletzt werden. Die Wahrheit ist aber, dass ich es nicht weiß, weil einfach nicht darüber gesprochen wird. Alles, was die Einheit (was immer das ist) der Türkei gefährdet, ist mehr oder weniger tabu.

Pazartesi, Temmuz 17, 2006

umgezogen



Pünktlich zur Halbzeit bin ich dieses Wochenende umgezogen in eine Wohnung gleich beim Ausgang des Tünel im Musikhändlerviertel. Fortan erfreue ich mich eines unglaublichen Blicks auf Galataturm, Goldenes Horn und Hagia Sophia, einer Dachterrasse, auf der man nachts die Sterne im Lichtsmog suchen kann, und nicht zuletzt eines Bades, das schon fast EU-beitrittsreif ist. Weniger erfreulich leider der Preis…

Pazar, Temmuz 09, 2006

Helsinki Citizens Assembly




Seit letzter Woche arbeite ich parallel noch für eine andere NGO, die sich für Presse- und Meinungsfreiheit, Minderheiten- und überhaupt Menschenrechte einsetzt.
Am coolsten finde ich natürlich das schwarz geflieste Klo mit der türkischen Ausgabe der "Rolling Stone" und anderen guten Zeitschriften... ;-) Das andere Bild zeigt den Blick aus dem Konferenzraum auf den Bosporus, nach Asien gewissermaßen.

Cumartesi, Temmuz 01, 2006

Männlein & Weiblein



Bin heute mittag auf der Istiklal Caddesi – leider in Eile auf dem Weg zu einer Zimmerbesichtigung – doch tatsächlich über eine Demo für Homo-Rechte von eher putzigem Ausmaß gestolpert… Wow! Zeit, mal ein paar Worte über Männlein und Weiblein in der Türkei zu verlieren:
1) „Der türkische Mann“: Es gibt Gegenden und Gelegenheiten, die ich nicht passieren kann, ohne dass mich zuverlässig ein Mann anspricht, ob ich „allein“ sei usw., oder mich „auf einen Tee“ einlädt. Es ist wirklich zum Verrücktwerden. Ich frage mich, mit welcher kalten Schnoddrigkeit sich Türkinnen – man müsste ja meinen, dass es Türken angesichts des üppigen Angebots an attraktiven Landsmänninnen nicht nötig hätten, käsige Touristinnen anzubaggern – derartige Avancen erfolgreich vom Leibe halten. Naja, vielleicht sollte ich einfach aufhören mit dem Po zu wackeln, meine üppige Oberweite etwas weniger aggressiv zur Schau stellen und mir überhaupt meine Weibchenallüren abgewöhnen…
2) Ich war schon sehr überrascht, wie groß der Druck zu heiraten auch im ach so modernen Istanbul ist. Meine Mitbewohnerin (28) erzählt, sie werde von ihren gleichaltrigen Freundinnen(!) immer wieder gefragt, wann sie endlich heirate. Eine andere Bekannte hat mir gegenüber ganz stolz betont, dass die Familie ihres Freundes überhaupt keinen Groll gegen sie hege, ja ihr gar Grüße ausrichten lasse! Und eine Dritte in meinem Alter findet es ganz normal, ihren Freund nicht zur Hochzeit seines Bruders zu begleiten, und hat auch gar keine Lust, dort ständig „Und wer bist du?“-Fragen zu beantworten (außerhalb der Kategorien „Verlobte“ oder „Ehefrau“ hat man offenbar eine unsichere Daseinsberechtigung).
3) Gerade weil Homosexualität natürlich ein Tabu ist, ist es für Ausländer so irritierend zu sehen, wie zärtlich Männer (selbstverständlich stockheterosexuell) in der Öffentlichkeit untereinander umgehen: Das Arm-in-Arm-Gehen und Küssen zur Begrüßung sieht man ja auch bei Türken in Deutschland manchmal, aber hier schlummern sie im Bus auch gerne mal aneinandergeschmiegt. Als „feminin“ würde man mit unserem Blick oft auch einordnen, wie sie sich kleiden, bewegen, tanzen oder singen (ich habe beim Fernsehen einmal meinen Augen nicht getraut: Ich sah einen Mann und hörte eine Frau) – ohne dass das als unmännlich gelten würde.
4) Nicht nur auf der Istiklal, auch in den verrufenenen Gassen nahe unserem Haus und in dem Park, in dem ich immer jogge, wimmelt es nur so von Transen, mehrheitlich wohl Stricher. Aufregen tut das, soweit ich sehe, niemanden.